Die Weiterentwicklung von Organisationen hat immer etwas mit Lernen zu tun. Und das Lernen betrifft konkret am Ende jeden einzelnen Mitarbeitenden. Die Inhalte können dabei sehr unterschiedlich sein. Die Spanne reicht von Arbeitsunterweisungen, die Aspekte wie Sicherheit oder Compliance betreffen, der Erwerb von Kompetenzen im Bereich von Prozessen oder der Nutzung von Software bin hin zur Verbesserung von Softskills, die sowohl auf Haltung und Verhalten abzielen. Kurzum – Lernen gehört für moderne Organisationen zum Alltag wie die täglichen Aufgaben des Kerngeschäfts.
Doch wie kann Lernen so organisiert werden, dass sich Lernerfolge zeitnah und nachhaltig einstellen? Wie erzeugt man ein positives Lernklima und eine Lust aufs Lernen? Vor diesen Aufgaben stehen viele Organisationen. Und die Antwort darauf lautet: Kollaboratives und kooperatives Lernen.

Was ist Lernen?

Die Wissenschaft von Neurologie bis hin zur Pädagogik beschäftigt sich schon viele Jahrzehnte mit der Frage wie der Mensch am besten lernt. Zahlreiche Lernmodelle haben das Licht der Welt erblickt und ebenso viele Theorien, wie Lernen am besten funktioniert.

Gerald Straka, ein deutscher Wirtschaftspsychologe und Professor für Erziehungswissenschaft beschreibt Lernen als ein Zusammenspiel von Handeln und Information, Motivation sowie Emotion, das zu nachhaltigen Veränderungen im Verhalten und dessen Voraussetzungen (z. B. Kenntnissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Einstellungen) führt.
An seiner Definition ist schon erkennbar, dass der Kontext des Lernens, also die Umgebung, meine Stimmung und Haltung einen relevanten Einfluss auf den Lernerfolg hat. Man lernt, indem man sich aktiv mit neuen Informationen auseinandersetzt (Handeln und Information) und darin auch einen persönlichen Sinn erkennt (Motivation und Emotion). Dies verändert unser Repertoire an Denk-, Fühl- und Handlungsweisen und erweitert damit unsere Möglichkeiten, auf die Herausforderungen des Lebens zu reagieren und diese proaktiv mitzugestalten.

Wie nehmen wir Inhalte wahr und auf?

Die Daten und Informationen, die wir wahrnehmen, sind abhängig von unserer Selbst- und Wirklichkeitskonstruktion. Diese wird wiederum davon bestimmt, welche Beobachtungsinstrumente wir nutzen und welche Filter wir haben, die zwischen unseren Sinnesorganen und der Umwelt stehen. Diese Relevanzfilter treffen eine (oft unbewusste) Vorauswahl der Information, die wir überhaupt als solche wahrnehmen. Die Wahl der Medien beeinflusst dabei ebenfalls unsere kognitiven Fähigkeiten. Beim Griff zum Smartphone geht unser Gehirn in einen anderen „Modus“ als beim Griff zu einem Buch. Marshall McLuhan formulierte in seinem legendären Standwerk „Understanding Media“ aus dem Jahr 1969 den bekannten Satz: The medium is the message.

Was ist Wissen?

Wissen entsteht durch eine Verknüpfung von Informationen mit bereits vorhandenem Wissen, das bedeutet, lernen ist sehr stark assoziativ. Wir kennen alle die berühmte Eselsbrücke, die sich diesen Effekt zunutze macht: 333 bei Isos Keilerei.
Das heißt, beim Lernen werden nicht irgendwelche leeren Stellen im Gehirn befüllt, sondern Neues wird mit bereits bestehenden zueinander in Beziehung gebracht und verknüpft. Das unterscheidet das Gehirn erheblich von der Analogie zur Festplatte. Ein Gehirn hat keine Obergrenze oder Kapazität. Im Gegenteil, je mehr Informationen vorhanden sind, desto mehr Möglichkeiten für Verknüpfungen gibt es. Ein gutes Beispiel hierfür ist das Erlernen von Sprachen. Bei jeder neuer Sprache fallen uns Vokabeln oder Regeln auf, die man aus anderen Sprachen kennt. So fällt das Lernen weiterer Sprachen immer leichter, weil man mehr Möglichkeiten zum Verknüpfen von bereits erlerntem hat. Dabei unterscheidet man zwischen dem Kurzeit- und Langzeitgedächtnis. Alle Informationen, die eine entsprechende Relevanz haben, schaffen es in unser Langzeitgedächtnis. Dabei unterscheidet man zwischen dem deklarativen oder expliziten Gedächtnis, das alles enthält, was man recht einfach in Worte fassen kann. Und dem impliziten Gedächtnis, das Inhalte speichert, die sich schwer in Worte fassen lassen und mit emotionalen und motorischen Fähigkeiten verbunden sind.

Wie lernen wir?

Beim Vorgang der Einspeicherung wird das Arbeitsgedächtnis genutzt. Es ist eine Sonderform des Kurzzeitgedächtnisses. Hier werden Informationen aktiv gehalten und können so umgeformt werden, dass man sie sich einfacher merken kann, um diese mit bereits gespeicherten Informationen zu verbinden.
Lernen findet dann im verstärkten Maße statt, wenn das Erlernte wiederholt und reflektiert wird. Also eine Kodierung und Rekodierung stattfindet.

Lernzyklus

Wie gut lernen funktioniert, hängt nach Dr. Gerhard Roth von folgenden Faktoren ab:

Diese Faktoren bilden die Basis für kollaboratives Lernen.

Kollaboratives Lernen

Menschen lernen unterschiedlich. Während die einen am liebsten allein über Büchern brüten, fühlen sich andere in Lerngruppen wohler. Egal zu welchem Lerntyp man gehört, generell gilt, das Lernen dann am erfolgreichsten stattfindet, wenn man die Themen nicht nur liest oder aufschreibt, sondern die Themen reflektiert. Diese Reflexion funktioniert am besten in einer Gruppe im Gespräch. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Lerngruppe sowohl in der Schule bis ins Studium hinein eine wichtige Rolle einnimmt. Genau hier setzt das kollaborative Lernen an. Man lernt gemeinsam. Am Beispiel einer Software sucht man sich ein Lehrvideo, lädt eine andere Person zum Anschauen des Videos ein und nach dem beide Personen das Video gesehen haben, tauschst man sich über das Video aus. Das gemeinsame Lernen erhöht im anschließenden Dialog nicht nur den Lerneffekt, sondern es steigert auch die Motivation, da man weiß, jemand anders beschäftigt sich auch mit diesen Inhalten. Und man möchte natürlich im folgenden Gespräch nicht den Eindruck hinterlassen, als ob man entweder nicht aufmerksam war oder schlichtweg nichts verstanden hat. Dieser kleine Challenge kann sehr motivierend wirken, wenn er nicht verbissen gesehen wird.

Kooperatives Lernen

Beim kooperativen Lernen teilt man komplexere Themen auf in Unternehmen. Man verteilt diese Themen an unterschiedliche Teams, die sich den jeweiligen Themen widmen. So kann man die Menge an Inhalten auf die Schultern mehrerer Personen verteilen. Im Anschluss findet dann ein Austauch der Teams über die jeweilig gelernten Themen statt. Idealerweise lernen natürlich die Teams die Themen, die später im Job bezogen auf ihre Tätigkeiten eine hohe Relevanz haben.

Kooperatives Lernen

Fazit

Lernen ist ein komplexer kognitiver Prozess, bei dem sowohl alle Sinne als auch die Kontexte eine große Rolle spielen hinsichtlich des Lernerfolgs. In jedem Fall ist eine positive Grundhaltung Neues zu lernen unabdingbar, um uns so zu „primen“, damit neue Themen und Inhalte uns überhaupt erreichen und ein Lernen möglich ist.
In Organisationen sollte Lernen so organisiert werden, dass sowohl das kollaborative als auch das kooperative Lernen gefördert wird. Auch hier gilt, gemeinsam kann man mehr und vor allem schneller erreichen.

Agilität ist ein Begriff, der in der Geschäftswelt schon lange bekannt ist. Aber auch in Kommunen wird er immer wichtiger. Insbesondere in Zeiten des Wandels, wie wir sie aktuell erleben, ist es für Städte und Gemeinden unerlässlich, schnell auf Veränderungen reagieren zu können. Doch wie funktioniert das in der Praxis?

Agilität verbessert die Kommunikation

Nahezu jeder Prozess innerhalb einer Organisation ist verbunden mit Kommunikation. Ob man jemand über einen Status informiert, einen Aspekt abstimmen möchte, eine Freigabe benötigt oder um eine Meinung bittet. In vielen Organisationen werden all diese unterschiedlichen Kommunikationsaspekte immer noch mit einem einzigen Medium verarbeitet: E-Mail.
Daher besteht ein erster Schritt darin, die Kommunikation innerhalb der Verwaltung zu verbessern. Es ist wichtig, dass die verschiedenen Abteilungen und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter miteinander vernetzt sind und regelmäßig miteinander im Austausch stehen. Dazu sind mehrere Formate und Formen möglich. Neben den digitalen Möglichkeiten kommt in der Agilität dem persönlichen Gespräch eine ganz Bedeutung bei. Denn keine Kommunikationsform ist in Sachen Informationsvermittlung so effektiv wie das Gespräch. Mit der Etablierung verschiedenere Formate, unter anderem den Rewiews, können Probleme frühzeitig erkannt und gemeinsam gelöst werden.

Agilität integriert interessierte Parteien

Die interessierten Parteien, sprich die Stakeholder, sind elementar wichtige Bestandteile einer funktionierenden Kommune. Es gibt interne und externe Stakeholder. Die wichtigsten externen Stakeholder sind Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen sowie soziale Träger und Vereine. Diese Parteien in die Kommunikation zu integrieren, einen regelmässigen Austausch und Feedback zu organisieren, bringt einer Kommune viele und unmittelbare Informationen, um die eigene Leistungsfähigkeit zu steigern und den Nutzen der Arbeit zu verbessern.

Agilität schafft Netzwerke zu anderen Kommunen

In Zeiten der Veränderungen ist es hilfreich sich mit anderen Kommunen zu vernetzen, die vor ähnlichen Herausforderungen stehen. Durch den Austausch von Erfahrungen und Best Practices können Städte und Gemeinden voneinander lernen und schneller auf Veränderungen reagieren. Eine Möglichkeit hierfür sind regionale Netzwerke oder interkommunale Zusammenarbeit. Die Herausforderungen sind in vielen Kommunen sehr ähnlich gelagert. Zu erfahren, welche Strategien und Prozesse andere Kommunen gewählt haben, kann das eigene Vorankommen extrem beschleunigen. Insbesondere das Lernen aus Fehlern von anderen kann präventiv dafür sorgen, dass man sich eigene negative Erfahrungen erspart und von Beginn an auf funktionierende Strategien setzt.

Agilität durch Technologie

Die Organisation von Austausch, Projekten, Strategien und Aufgaben kann nur effizient organisiert werden, wenn die entsprechenden Tools dafür zur Verfügung stehen. In Transformationsprozessen müssen Projekte organisiert und Aufgaben verwaltet werden, die interaktiv und gemeinsam bearbeitet werden können. Eine Exceltabelle ist hierfür absolut ungeeignet und führt nicht zu der gewünschten und notwendigen Transparenz und Übersicht für alle Beteiligten. Digital Kollaboration ist nicht zuletzt wegen der Integration von Remote Arbeit unerlässlich, um eine reibungslose Zusammenarbeit an Projekte zu gewährleisten unabhängig von Raum und Zeit.

Agilität erfordert Mut und Lust auf Neues

Insgesamt gibt es viele Ansätze, wie Kommunen agiler werden können. Ein zentraler Punkt ist dabei jedoch immer die Flexibilität und Offenheit für Veränderungen. Nur so kann eine Verwaltung schnell auf neue Herausforderungen reagieren und den Bedürfnissen der Bewohnerinnen und Bewohner gerecht werden. Der berüchtigte "Dienst nach Vorschrift" kann in vielen Aspekten den Herausforderungen der Kommunen nicht mehr Rechnung tragen. Vielmehr müssen stark prozessorientierte Arbeiten wie das Bearbeiten von Anträgen sinnvoll kombiniert werden mit Arbeiten im Bereich der Weiterentwicklung. Entweder Oder Ansätze sind hier nicht hilfreich. Agilität bedeutet den Mut neue Wege zu gehen, dem Prozess zu vertrauen, und sich gemeinsam neuen Aufgaben zu stellen.

Die öffentliche Verwaltung bildet seit Jahrzehnten fachkundiges Personal in vielen unterschiedlichen Arbeitsbereichen aus. Was dabei auffällt ist, dass die Ausbildung zumeist einen stark juristischen Charakter in sich trägt. Nahezu jede Fort- und Weiterbildung wird dem Dogma Kein Handeln ohne Gesetz, Kein Handeln gegen das Gesetz“ untergeordnet.  

Schaut man sich einige Beispielpläne von öffentlichen Hochschulen oder Institutionen an, könnte man meinen, dass das Studium der Verwaltungswissenschaft eher einem Jura-Studium ähnelt. In meiner Studienzeit predigte eine unserer Dozentin den folgenden Satz.  

Die rechtlichen Grundlagen, die Ihnen vermittelt werden, sind schwieriger als die der Jurastudierenden.“  

Okay … was soll ich damit jetzt anfangen? Das ich in der Verwaltung als Mitarbeiter:in des gehobenen Dienst – also der Speerspitze der Sachbearbeiter:innen – einen theoretischen Wissensvorsprung vor meinen höheren Dienst Kollegen habe? Oder das an mich andere Maßstäbe angelegt werden?  

Die Rolle von Modernisierung und Agilität in der modernen Verwaltungswelt 

Während also ein Großteil des behördlichen Personals eine Odyssee der rechtlichen Sichtweisen hinter sich bringt, um im Anschluss in der Behörde eine entsprechende Stelle zu begleiten, fängt außerhalb der Ausbildungsinstitutionen das wirkliche Arbeitsleben an.  

Das sind nur einige Schlagworte, die den Absolventen nach Ihrem Studium innerhalb der Verwaltung um die Ohren geschlagen werden. Ein Schelm wer denkt, dass eine „formal-juristische“ Ausbildung diese Anforderungen in Gänze abdeckt. Die Anforderungen an das behördliche Personal verändern sich dramatisch und ein Großteil der Ausbildungspläne sind weiterhin im letzten Jahrhundert stecken geblieben und bedienen die klassische Unterteilung in „Öffentliches Recht“ und „Verwaltungsbetriebswirtschaft“. Ein Großteil an Fachwissen kann ich mir heute einfacher denn je im Internet zusammenstellen oder mir mittels ChatGPT in Grundzügen erklären lassen.  

Public Manager statt klassischer Verwaltungsbeamter: Ein neuer Ansatz für die Ausbildung 

Ich beobachte auf vielen Fachkongressen und in vielen Gesprächen immer wieder die rücksichtslose Fokussierung auf die Umsetzung von gesetzlichen Parametern eines OZG oder des E-GovG als letzte Stufe der Verwaltungsevolution. Dabei sind die Gesetzesvorhaben z.T. auch nur von juristischer Personalexpertise mit heißer Nadel gestrickt und können niemals das Drehbuch des Verwaltungslebens in Gänze abbilden. Die Vermittlung digitaler, sozial und methodischer Kompetenzen sowie eine neue Form der Problemlösungskompetenz, die mitunter Hierarchien und Formalismen ausblendet, sind nach m.E. viel wichtiger als die bedingungslose Fokussierung der Paragraphenerfüllung. Zur Wahrheit gehört ebenfalls, dass Kommunen hier häufig der Willkür von Bund- und Landesebenen ausgesetzt sind, die eine eher blockierende Haltung der föderalen Unterstützung an den Tag legen.  

Neujustierung von Personalkompetenzen: Empfehlungen für die Zukunft der öffentlichen Verwaltung 

Hier frage ich mich wirklich, ob wir als Deutschland diese bedingungslose Bürokratie und Gesetzestreue in den Studiengängen des Verwaltungsnachwuchses etablieren müssen oder ob es nicht ausreicht, wenn wir eher „Public Manager“ ausbilden und für rechtliche Rückfragen die interne Fachexpertise einer Organisation zusätzlich stärken. Durch die Fokussierung auf praxisnahe, digitale und modernisierungsfreundliche Lehrinhalte könnten wir einen agileren Verwaltungsnachwuchs schaffen, der besser auf die Anforderungen der heutigen Zeit vorbereitet ist und somit effizienter und zukunftsorientierter arbeiten kann. 

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