Ausbildung Verwaltung

Hallo Digitalexpertise, wo stecken Sie? Juristische Illusion vs. Digitale Realität 

Nils Brechbühler

Die öffentliche Verwaltung bildet seit Jahrzehnten fachkundiges Personal in vielen unterschiedlichen Arbeitsbereichen aus. Was dabei auffällt ist, dass die Ausbildung zumeist einen stark juristischen Charakter in sich trägt. Nahezu jede Fort- und Weiterbildung wird dem Dogma Kein Handeln ohne Gesetz, Kein Handeln gegen das Gesetz“ untergeordnet.  

Schaut man sich einige Beispielpläne von öffentlichen Hochschulen oder Institutionen an, könnte man meinen, dass das Studium der Verwaltungswissenschaft eher einem Jura-Studium ähnelt. In meiner Studienzeit predigte eine unserer Dozentin den folgenden Satz.  

Die rechtlichen Grundlagen, die Ihnen vermittelt werden, sind schwieriger als die der Jurastudierenden.“  

Okay … was soll ich damit jetzt anfangen? Das ich in der Verwaltung als Mitarbeiter:in des gehobenen Dienst – also der Speerspitze der Sachbearbeiter:innen – einen theoretischen Wissensvorsprung vor meinen höheren Dienst Kollegen habe? Oder das an mich andere Maßstäbe angelegt werden?  

Die Rolle von Modernisierung und Agilität in der modernen Verwaltungswelt 

Während also ein Großteil des behördlichen Personals eine Odyssee der rechtlichen Sichtweisen hinter sich bringt, um im Anschluss in der Behörde eine entsprechende Stelle zu begleiten, fängt außerhalb der Ausbildungsinstitutionen das wirkliche Arbeitsleben an.  

  • Digitale Transformation 
  • E-Government 
  • Anforderungsmanagement 
  • Projektmanagement 
  • UI/UX 
  • Kollaboration 
  • Agilität  
  • Etc.   

Das sind nur einige Schlagworte, die den Absolventen nach Ihrem Studium innerhalb der Verwaltung um die Ohren geschlagen werden. Ein Schelm wer denkt, dass eine „formal-juristische“ Ausbildung diese Anforderungen in Gänze abdeckt. Die Anforderungen an das behördliche Personal verändern sich dramatisch und ein Großteil der Ausbildungspläne sind weiterhin im letzten Jahrhundert stecken geblieben und bedienen die klassische Unterteilung in „Öffentliches Recht“ und „Verwaltungsbetriebswirtschaft“. Ein Großteil an Fachwissen kann ich mir heute einfacher denn je im Internet zusammenstellen oder mir mittels ChatGPT in Grundzügen erklären lassen.  

Public Manager statt klassischer Verwaltungsbeamter: Ein neuer Ansatz für die Ausbildung 

Ich beobachte auf vielen Fachkongressen und in vielen Gesprächen immer wieder die rücksichtslose Fokussierung auf die Umsetzung von gesetzlichen Parametern eines OZG oder des E-GovG als letzte Stufe der Verwaltungsevolution. Dabei sind die Gesetzesvorhaben z.T. auch nur von juristischer Personalexpertise mit heißer Nadel gestrickt und können niemals das Drehbuch des Verwaltungslebens in Gänze abbilden. Die Vermittlung digitaler, sozial und methodischer Kompetenzen sowie eine neue Form der Problemlösungskompetenz, die mitunter Hierarchien und Formalismen ausblendet, sind nach m.E. viel wichtiger als die bedingungslose Fokussierung der Paragraphenerfüllung. Zur Wahrheit gehört ebenfalls, dass Kommunen hier häufig der Willkür von Bund- und Landesebenen ausgesetzt sind, die eine eher blockierende Haltung der föderalen Unterstützung an den Tag legen.  

Neujustierung von Personalkompetenzen: Empfehlungen für die Zukunft der öffentlichen Verwaltung 

Hier frage ich mich wirklich, ob wir als Deutschland diese bedingungslose Bürokratie und Gesetzestreue in den Studiengängen des Verwaltungsnachwuchses etablieren müssen oder ob es nicht ausreicht, wenn wir eher „Public Manager“ ausbilden und für rechtliche Rückfragen die interne Fachexpertise einer Organisation zusätzlich stärken. Durch die Fokussierung auf praxisnahe, digitale und modernisierungsfreundliche Lehrinhalte könnten wir einen agileren Verwaltungsnachwuchs schaffen, der besser auf die Anforderungen der heutigen Zeit vorbereitet ist und somit effizienter und zukunftsorientierter arbeiten kann. 

BLOG ÜBERSICHT
linkedin facebook pinterest youtube rss twitter instagram facebook-blank rss-blank linkedin-blank pinterest youtube twitter instagram